Twins Travelling to the White House

Wer entwarf das Logo für den Wahlkampf von Hillary Clinton um die US-Präsidentschaft? Ein dreijähriges Kind?
Nein, gewiss nicht, denn das muss Albert Einstein himself gewesen sein:

It is the iconization of the twin paradox,
die Rizzi-Abbildung des Zwillingsparadoxons in Tensorrot.

Was haben beide Entwürfe gemeinsam? Es ist die bestechende Naivität, die spontane Faszination auszulösen vermag.

Was machte das Kind, als es das Hillary-White-House-Logo entwarf?

Es nahm ein H und malte einen Pfeil darüber: Fertig war das Logo.

Was dachte Einstein, als er seine Theorie vom Licht entwarf?

Er malte den Lichtstrahl an und schrieb „Zeit“ darüber. Fertig war seine Theorie.

Wenn das Licht den längeren Weg nimmt, so die Auffassung des präoperativ denkenden Einstein, wäre es genauso schnell unterwegs und genauso schnell am Ziel wie auf dem kürzeren Pfad. Weil die Geschwindigkeit des Lichts als unveränderlich gesetzt ist (Speedup Impossible 1.0), dürfen auf der längeren Strecke nicht mehr Zeiteinheiten verbraucht werden als auch der kürzeren Strecke.

Die Idee entstammt der Alltagserfahrung

Kinder denken häufig, dass die Zeit unterschiedlich schnell vergehen kann, und zeigen sich von ihr enttäuscht, weil sie wieder einmal mit einer unerwartet lang empfundenen Dauer vergeht, etwa wenn sie auf ein Ereignis hinfiebern.

Die menschliche Wahrnehmung zeitlicher Abläufe ist ein aktiver geistiger Prozess, der seinerseits Zeit (Aufmerksamkeit bzw. Rechenzeit) erfordert. Je mehr Zeit man für die Beobachtung eines Vorgangs aufwendet (je mehr Bilder man davon macht), desto länger erscheint seine Dauer (desto mehr Bilder kann man davon abrufen). Je mehr man versucht, auf einmal zu erledigen, desto weniger kann man sich an einzelne Aktivitäten oder Ereignisse erinnern.

Je mehr man seine Zeit mit Aufgaben, To-Dos, Aktivitäten, Events und Facebook-Checken vollstopft, desto weniger Bilder kann man von jedem einzelnen Lebensaugenblick herstellen, denn das Abbilden des eigenen Lebens beansprucht ebenfalls Zeit.
Andererseits weiß man: Je weniger Unterschiede auf den Bildern zu erkennen sind, desto wahrscheinlicher wird es, dass das menschliche Gedächtnis sie nicht mehr unterscheiden kann. Daraus lässt sich -wie man leicht erraten kann- ein nützliches Modell für die optimale Lebensführung ableiten.

Das ist die infantile Lehre Einsteins:

[c-Inv]:  Damit überall das Verhältnis aus
der Anzahl der Längeneinheiten
zur Anzahl der Zeiteinheiten
gleich bleiben kann, werden die Maßstäbe als Variable angesetzt.

[s-Fit]: Größere Zeiteinheiten nennt man „dilatiert“, verkürzte Längeneinheiten nennt man „kontrahiert“.

[s-Pot]: Die modifizierten Einheiten können ohne zusätzliche Annahmen aus beliebiger Beobachterposition korrekt abgelesen werden.

Selbst bei Lichtgeschwindigkeit hat der Reisende genug Zeit, um seine Nachrichten zu versenden.

Reisende, die mit hoher Geschwindigkeit Signale in stets gleichen Intervallen aussenden (diagonaler Pfad OD), werden für jünger gehalten (links), wenn sie je Zeitinheit des Beobachters (gestrichelte waagrechte Linien) weniger (oder nur die Hälfte ihrer Zeiteinheiten) aufzuwenden scheinen. Tatsächlich müssen die Reisenden jedoch ihre Signale in den (ewig und abhängig von ihrer Bewegung stets) gleichen Intervallen absetzen (rote Punkte), damit sie genau so, nämlich gedehnt erscheinend, ankommen können.

Max Born erklärte das Zwillingsparadoxon folgendermaßen:

„Eine ideale Uhr hat in dem Bezugssystem, in dem sie ruht, immer ein und denselben Gang; sie zeigt die ‚Eigenzeit‘ des Bezugssystems an. Von einem anderen System aus beurteilt aber geht sie langsamer;“

„Dann ist offenbar die Eigenzeitstrecke [vom Ursprung bis zur Mitte] für den Beobachter A genau gleich der Eigenzeitstrecke [vom Ursprung bis zur Pfeilspitze] für den Beobachter B. […] Daher hat die Uhr von A im Augenblick der Rückkehr einen Vorsprung vor der Uhr von B. […] Damit läuft die Uhr von A um den Betrag […] gegen die Uhr von B vor, wenn B seine Reise beendet hat.

Das Paradoxe dieses Ergebnisses liegt darin, dass jeder innere Vorgang im System B langsamer ablaufen muss als derselbe im System A. Alle Atomschwingungen, ja der Lebenslauf selbst, müssen sich gerade so verhalten wie die Uhren. Wenn also A und B Zwillingsbrüder sind, so muss B nach der Rückkehr von der Reise jünger sein als der Bruder A.“

Max Born macht es am Beispiel des Zwillingsparadoxons vor, wie das Denken den Denker verwirren kann. Er selbst konnte wie kein anderer Mensch vor oder nach ihm aus Erfahrung die Gewissheit beziehen, dass die Zeitrechnung von der Lichtgeschwindigkeit abhängt. Er ging nur davon aus, dass es stimmt. Man kann auch sagen, er glaubte dem Einstein.

Der erste Satz ist im Kapitel „Schein und Wirklichkeit“ ist noch ganz präzise formuliert: „Von einem anderen System aus beurteilt aber geht sie langsamer;“ Über die Eichkurve versucht Max Born dann die Punkte gleichwertiger Zeiten (im Minkowski-Diagramm) zu bestimmen, dabei nimmt er aber den Mund –vermutlich aufgrund seiner inneren Überzeugung, dass Einstein Recht hat– viel zu voll.

Er setzt nämlich die Punkte übereinstimmender Zeitangaben für die beiden Reisenden nur aus der Sicht des A an, also desjenigen, der bei x=0 verharrt und die kurze lotrechte Strecke übernimmt. Aus der Sicht des B bekommt man genau das spiegelbildliche Bild: Danach wäre der Schnittpunkt des A wiederum etwas länger vom Ursprung entfernt als für B. Daher greift seine Begründung nicht, dass dieser Vorsprung ursächlich sei für die Unterschiede der Uhren am Ende der Reise.

Vielmehr geht Max Born –aus Freundschaft– dazu über, seinen objektiven und präzisen Beobachterpunkt zu verlassen, wenn er schreibt: „dass jeder innere Vorgang im System B langsamer ablaufen muss“ und „In der Tat ein wunderlicher Schluss, der aber durch keine Deutelei zu beseitigen ist. Man muss sich damit abfinden“

Der Schluss von „von einem anderen System aus“ zu „innerer Vorgang“ ist ein Schritt ohne innere Verknüpfung. Was der A über den B aussagen kann, ist immer nur das, was der A über den B sagen kann. In der Rechtswissenschaft nennt man solch ein Vorgehen „Hörensagen“ und erachtet es als unzulässig, um einen Beweis zu führen. Der Übergang von der Behauptung aus der Distanz in die Nahaufnahme „atomarer Prozesse“ ist übermütig.

Tatsachen und Logik, nicht mehr

Was wird denn tatsächlich ablaufen, wenn A eine verlangsamte Zeitdauer unterstellt, während er B beobachtet?

Während einer Zeitdauer des B läuft eine Bewegung v ab, die den Abstand zwischen A und B mit v(t) vergrößert. Also kommt das zweite Signal um 1/(c-v) verspätet an, so dass A denken könnte, dass die Zeit beim B langsamer verstreichen würde, was aber ganz bestimmt nicht sein kann, denn: Wenn die Zeit beim B langsamer verstriche, könnte B erstens nicht so schnell vorankommen und zweitens nicht zeitig genug seine Signale verschicken.

Die Beobachtung des A ist nur am Ort des A gültig, und nur dort.

Für den Rückweg schreiben wir an: Während einer Zeitdauer des B läuft eine Bewegung v ab, die den Abstand zwischen A und B mit v(t) verkleinert. Also kommt das zweite Signal um 1/(c+v) verfrüht an, so dass A denken könnte, dass die Zeit beim B schneller verstreichen würde. Eine Aussage über die Zeit beim B ist daraus garnicht ableitbar. Wenn dennoch etwas festzuhalten sei, dann mit Gewissheit die Voraussetzung, dass B unabhängig von seinem Bewegungszustand mit seiner Uhr stets die gleiche Zeitdauer messen wird und dass dies die einzige Zeit ist, die bei B für B gilt.

Die Idee, dass die Zeitauffassung des A an den Ort des B übertragen und als gültig für B angesetzt werden könne, ist gänzlich unbegründet. Sie entspringt dem Gehirn eines Dreijährigen.

Der Verzicht auf Begründungen für Hirngespinste (wenn sich z.B. Räume einfach so und speziell für einen bestimmten Zweck öffnen, schließen und krümmen) wirkt wie ein Virus auf leichtgläubige Menschen, die dieses Vorgehen als Kühnheit deuten. Glauben, Ideologien, Politik und Spekulation haben in der Wissenschaft nichts verloren.

Albert EinsteinWahrscheinlich hatte er eine Aura, redete bedächtig, setzte gekonnt Sprechpausen und sprach erhaben wie ein Priester beim Segen.

Wer den Relativismus zu seiner Methode macht, kann sich nicht  auf absolute Zeiten oder absolute Längen beziehen. Aussagen wie z.B. „B geht nach gegenüber A“ sind unzulässig, weil sie unvollständig sind. Diese müsste lauten: Aus der Sicht des A geht die Uhr in B um 1:dt nach, während aus der Sicht von B die Uhr des A um 1:dt nachzugehen scheint.“ 

Wegen des Mangels an absoluten Einheiten sind im Relativismus nur paarweise Aussagen erlaubt. Wie man schnell erkennt, besitzen relativistische Aussagen nur dann einen Inhalt, wenn sie unvollständig gegeben werden.

Der kriminelle Vorgang, den der Einstein an den Gehirnen seiner Mitmenschen ausgeführt hat, war gar keiner, denn er hatte sie nur herausgefordert.

Unter uns: Wer gibt schon gerne zu, dass er einen kindlichen Kaiser mit einem Wissenschaftler verwechselt hat? Lieber predigt man noch weitere hundert Jahre seine Ideen von der perfekten Naivität in den Hörsälen und Schulen als nur einmal bereitwillig einzugestehen, dass Irren möglich ist.

Das erste, was niemand zu glauben braucht, ist, dass die Zeitdauer für die Durchquerung unterschiedlich langer Strecken, wie sie dann anfallen, wenn der Zielpunkt sich einmal verkürzend auf das Licht zubewegt und ein anderes Mal verlängernd vom Licht entfernt, unabhängig vom Bewegungszustand des Zielpunkts gleich sein kann. Von diesem Punkt an, wenn das nicht bewiesen wurde, braucht man keinem Lehrer oder Lehrbeauftragten mehr sein Gehör zu schenken, denn die Verbreitung von Glaubenssätzen gehört nicht zum wissenschaftlichen Programm.

Die Schwierigkeit, vor der Max Born stand, hatte er bereits verharmlosend formuliert: „Schein und Wirklichkeit“ nannte er das Kapitel, anstatt die Frage nach „Schein xor Wirklichkeit“ zu stellen. Wenn Max Born bereit gewesen wäre, logisch analytisch zu bleiben, wäre seine Antwort eindeutig ausgefallen: Die Idee von der als Realität angenommenen (ontologischen) Zeitdilatation ist ein ad-hoc-Zirkelschluss (circular reasoning), der nur den Zweck hatte, die Ideen Einsteins vor der Sinnlosigkeit zu bewahren.